Dienstag, 24. September 2013

Sektenguru Eve


Muah!
Jetzt hat der Herr Maurer doch tatsächlich Recht bekommen.
Jeder Junge muss weiter die Rekrutenschule besuchen und erlernt somit die Bettwäsche ordentlich zu falten!
Ich glaube, ich höre auf meine Schwestern und gründe eine Sekte.
Nein, bei meiner wird es sich um keine Glaubensfragen drehen. Nichts mit „Das Ende ist nah“ und „Wir sind die einzigen die überleben“.
Auch keinen sexuellen Hintergrund. Leider..
Und wir tauschen uns auch nicht in Erziehungsfragen aus.
Nein!
Doch ich will auch nicht politisieren. All diese Häppchenfrässer gehen mir auf die Nerven. Nach diesem Sonntag im September umso mehr.
Alles Lügicheibe!
Nö. Meine Sekte ist die Gruppe der Minderheit. Denn zu denen gehöre ich!
Jawoll!
Die Chlämmerlisack Minderheit Truppe Schweiz.
Abgekürzt ergibt das dann wohl DCMT Schweiz.
Ha!


Als ich die Wahlergebnisse heute Schwarz auf Weiss gesehen habe, dachte ich mir: Jesses, ich bin ja fast alleine mit meiner Meinung. Kann das sein?! Ganz viele von euch finden zwar meine Geschichten toll und sind oft meiner Meinung, können aber politisch unmöglich gleicher Meinung sein wie ich. Sonst hätte ich gewonnen. Heute!
Und ich gewinne nie. So auch dieses Wochenende nicht.

Ich gehöre zu den wenigen Menschen, die in unserem Land das Recht noch nutzen und abstimmen. Alleine in unserem Dorf war die Quote lausig. Irgendetwas über 40 Prozent. Somit stirbt dieses Privileg auf kurz oder lang aus. So denke ich.
Abstimmen ist ein bisschen wie Briefe schreiben. Die sterben auch aus! Das ist aber auch so eine komplizierte Sache. Zuerst brauchst du Papier, dann einen Text, ein Couvert, einen Menschen der dein Geschriebenes interessiert und dann noch eine Briefmarke. Alles zusammen, richtig eingesetzt, ist eine kleine Schwierigkeit. Glaubt mir, ich sehe tagtäglich Menschen die scheitern schon daran die Briefmarke ordentlich aufzukleben.

Also zurück zum Thema Wählen.

60 Prozent in meinem Dorf haben somit entweder keine Meinung, interessieren sich nicht oder sind der tollen Vorstellung, dass ihre Stimme eh nichts bringe.
Sie gehen nicht an die Urne.
Doch warum stimme ich ab und die anderen nicht?
Sind die 60 Prozent, welche sich nicht aufraffen können ja oder nein zu notieren eventuell meiner Meinung?
Weil dann hätte ich ja gewonnen...

Fragen über Fragen. Wer weiss es?!
Ich stimme immer ab. Ich muss!
Der Hauptgrund, warum ich wähle ist meine Freundin Isa.
Da sitzt sie vor einigen Wochen bei mir am Küchentisch. An ihrem freien Tag bei mir zum Z‘Mittag. Gutgelaunt. Kinderlos, Glaubensfrei und aktuell sehr gut befriedigt. Somit eine wunderbare Kandidatin für meine Sekte.
Wir diskutieren über Gott und die Welt, als sie mich plötzlich und unerwartet fragt: „Und hesch scho abgstemmt?“
Beschämt denke ich an das graue Couvert. Irgendwo liegt es. Ungeöffnet in meinem Stapel von Sachen, die ich irgendeinmal, sobald Zeit und Lust, durchlesen werde. Bestimmt!
Es liegt dort bei zig ausgeschnittenen Kochrezepten, die so aktuell sind wie ein altes TV Programm.
„Klar! Nuschle ich. Mach ich. Wann ist Abstimmung?“
Ich schicke ein Stossgebet zum Himmel und bin erleichtert als sie irgendein weit entferntes Datum nennt. September denke ich. Das geht doch noch lange...ich hatte schon Angst, es verpasst zu haben. Mei wäre die sauer geworden..!!


Dieses Wochenende wurde für mich (und bitte lasst mir diese Meinung) in drei von drei Fällen falsch abgestimmt. Ich oute mich hiermit. Ich habe Söhne, die auch richtige Männer werden, wenn sie nicht eine Rekrutenschule besuchen! Sollten sie trotzdem eine Rekrutenschule besuchen wollen, dürfen sie das selbstverständlich tun und ich werde sie auch dabei unterstützen. Ich vergleiche das mit der Glaubensfrage. Auch dort machen wir von zu Hause aus nicht mit. Sollte aber ein Konfirmationswunsch aufkommen, schwenken wir sie sicherlich noch kurz durchs Taufbecken und lassen sie Kirchensteuern bezahlen. Hey, wir sind da offen!
Auch impfen wir uns. Nicht gerne, aber wir tun es. Aber ich stehe generell nicht auf eine Panikmache. Als ich noch nicht schwanger einmal beim Arzt war hat, man mir den Rat mitgegeben, unbedingt vor einer eventuellen Schwangerschaft alle Impfungen aufzufrischen, da man Schwangere nur sehr ungern oder gar nicht impfe. Dann ein paar Jahre später, Schwanger und im neunten Monat angekommen, war die Schweinegrippe (anm. Normale Wintergrippe) auf Kurs in die Schweiz. Der Bund hat zig tausend Impfdosen bestellt. Noch hatte niemand gross Angst. Dann wurde ein Aufruf gemacht. Sogar via TV und Radio. Es sollen doch bitte zuerst alle Schwangeren antraben...Panikmache total. Ich habe es ignoriert und keine Sau (haha) hat es interessiert!
Ich weiss, das sind nur einige Ansichtspunkte. Ich bin mir bewusst, dass es nicht nur um die RS alleine gegangen ist. Und das Thema Impfen wohl nur ein klitzekleiner Punkt in dieser Gesundheitsfrage war. Ich habe dieses dem Stimmmaterial beigelegten Büchlein gelesen. Alles. Wir haben auch darüber diskutiert zu Hause. Weil meine Freundin mich netterweise immer genug früh daran erinnert. Ich habe mich wirklich für die Themen interessiert und dachte, eigentlich es sei sonnenklar. Aber nein. Ich habe verloren und akzeptiere das, und trotzdem amüsiert mich der Gedanke, dass dieser Schweizer, dieser Sicherheitsfanatiker, zwingend auch nach ein Uhr in der Nacht sein Joghurt an einer Tankstelle kaufen möchte.


En Guete, eure
Eve


Ps: Sollten hier trotz meiner Vermutung, dass ich alleine bin, ein Chlämmerlisack Leser sein, der in einem oder mehreren Punkten am letzten Wochenende verloren hat und das an der Urne auch zum Ausdruck brachte (und nicht nur beim Coiffeur oder am Stammtisch), darf er gerne einen Antrag in die freie DCMT Schweiz stellen. Ich werde diesen gründlich kontrollieren und dann einen Einzahlungsschein für den Mitgliederbeitrag zusenden.
Ich garantiere, dass man sowohl als Männlein wie Weiblein das Betten machen erlernt. Dieser Punkt wird von meinem Mann thematisiert und geschult. Dieser hat selbstverständlich eine Rekrutenschule besucht und muss das auch bei uns zu Hause machen.
Im Weiteren übernehme ich die wichtige Aufgabe in Panikmache für diverse Krankheiten und lerne euch, wie man eine oder mehrere Schachteln Zigaretten am Tag rauchen kann. Diese Angewohnheit haben mir nämlich in meiner Jugend ALLE meine männlichen Freunden während ihrer RS Zeit beigebracht. Treffpunkt für unsere „Sessions“ ist Sonntags um 02:30 Uhr an einer Autobahntankstelle. Das „Kalte Plättli“ wird vor Ort gekauft. Ebenso die warmen Unterhosen. Wer mag, darf das Sturmgewehr mitbringen. Ich bringe diese Pillen, welche alle Aargauer im Medizinschrank haben. Mei wird das eine Gaudi!

Montag, 16. September 2013

Geschwister-Liebe


Ich lese oft von Müttern die sich beklagen, dass sich ihre Kinder immer streiten. Sie sind genervt und erzählen von den Lösungsvorschlägen um die beiden Streithähne auseinander zu bringen. Sie wollen Harmonie zu Hause und verstehen nicht, dass sich zwei Geschwister (oder auch mehrere) so streiten können. Gleichberechtigung ist ein grosses Thema.

Ich bin 33 Jahre alt und streite noch immer mit meinen Schwestern. Wir streiten uns laut und versöhnen uns leise. Wir weinen, schreien und toben und sind selten nachtragend. Wir sagen Sachen, die wir eigentlich nicht sagen sollten. Wir sind uns das sehr bewusst.
Doch wir können uns hinsetzen und das Ganze ausdiskutieren. Oft sind wir auch dann noch nicht gleicher Meinung. Eigentlich nie.

Mein grosser Sohn ist beinahe geplatzt vor stolz, als er einen kleinen Bruder bekommen hat. Die Begeisterung lässt während dieser Tage spürbar ab. Er erzählt mir im Minutentakt, was sein Bruder wieder angestellt hat. Er macht alles kaputt. Nimmt alles weg und das Schlimmste, er macht alles wovon er, der Grosse, schon weiss, dass es hier bei uns im Haus verboten ist.
Ich versuche im klarzumachen, dass er, gleich alt damals, alles auch so gemacht habe. Jedes Duplo Haus zusammengehauen. Brio Schienen kaum aufgestellt wieder auseinandergenommen habe und auch er oft die Fernsehbedienung geklaut und angeknabbert habe.

Und was mache ich? Ich schaue dem Spektakel staunend zu. Erinnere mich an Kämpfe bei uns im Elternhaus, wo es auch um Fernsehbedienungen gegangen ist. Wer wo sitzen möchte. Wer wie lange im Bad braucht und wer eh das dümmste Weib sei...
Gebt uns noch 5 Jahre und ich sitze im gleichen Boot wie damals unsere Eltern.
Mit einem kleinen Unterschied.
Ich mische mich nicht ein.
Unsere Mutter wollte oder will immer Harmonie. Frieden und keine Streitereien.
Ich nicht.
Das sind Brüder. Keine besten Freunde. Sie haben sich nicht ausgesucht.
Oft verlieren wir den Sinn während dem Streiten und wissen gar nicht mehr, um was es geht.
Viel sinnvoller wäre es Hilfe anzubieten.
Abzulenken.
Etwas anderes vorzuschlagen.
Natürlich würde es mich von ganzem Herzen freuen, wenn meine Jungs einmal beste Freunde werden. Aber das heute von ihnen zu verlangen nur weil sie Brüder sind finde ich falsch.
Ich mache heute für meine Schwestern alles.
Jederzeit. Bedingungslos.

Wir sollten uns weniger einmischen. Kämpfe und Streitereien austragen lassen. Oft ist es dann vorbei. Wenn wir uns einmischen, verlagern wir den Grund. Giessen Öl ins Feuer.
Geben der Sache Kraft. Ich beobachte das bei uns Eltern, bei den Amerikanern und den Tieren. Überall das gleiche Problem. Weniger einmischen. Das wäre es!


Herzlich Eure,
Eve