Freitag, 21. Februar 2014


Als ich diese Geschichte im Kopf „z‘Fade gschlage“ habe, stand ich gerade unter der Dusche. Meine Kinder spielten friedlich im Kinderzimmer.
Noch war ich mir nicht bewusst, was für eine dramatische Wendung diese Kopfgeschichte gleich noch machen würde.
Alle Risikofallen hatte ich weggeschafft oder in sicherer Höhe verstaut.
Ich hatte das Absperrgitter zu gemacht und hörte auch unter der Dusche, was dort so abgeht.
Perfekt organisiert das Ganze!

Ich wollte über den normalen Stress einer berufstätigen Mutter schreiben.
Darüber, wie grausam viel Arbeit das Zurarbeitgehen mit sich bringt.
Darüber, dass das kein Ehemann, Partner verstehen kann. Auch wenn er sonst so ganz fest sich im Familienleben mit einbringt. So wie das mein Partner tut.
Er findet mein Pensum lachhaft und versteht absolut nicht, was daran problematisch oder stressig sein könnte.
Er, der tagtäglich viele Emails und Telefonate hat.
Organisieren und Planen muss.
Mitdenken..
5 Stunden sagt er immer zu mir...Was soll daran bitte stressig sein?!
Er, der jeden Morgen in einer Mordsfrühe das Haus verlässt. Eingekleidet in einem frisch gebügeltem Hemd von mir. Ohne Stress oder Kinder, die beschäftigt werden müssen.
Die müssen angezogen werden. Igs tausend mitgeh Sachen müssen bereitgestellt werden.
Ich fühle mich ammigs wie vor den Ferien. Und dann, wenn alles bereit ist, muss ich mich selber noch bereit machen.


Versteht mich bitte nicht falsch. Ich arbeite sehr gerne. Habe ein grandioses Team und meine Arbeit macht mir viel Freude, aber bis ich dort bin ist es, bescheiden gesagt, eine riesen Büetz!
Schon nur bei einem homöopathischen Pensum von 20 Prozent. Soviel arbeite ich nämlich!

Wenn ich ehrlich bin hasse ich es.

Oft arbeite ich erst nach dem Mittag. Das heisst, ich habe den Morgen noch für uns. Ich mache das Frühstück und versuche das ganze Erdgeschoss wieder in ein normales Wohnzimmer zu verwandeln. Ich gebe mir grösste Mühe, das Haus so zu verlassen, dass, wenn ich abrupt sterben würde, kein allzu grosses Chaos im Haus hinterlassen würde.
Kurz vor dem Mittag versuche ich dann meine gesamten 170 Zentimeter auf ein Maximum zu pimpen.
Das heisst ich dusche mich. Dann mache ich die Haare, schminke mich uns ziehe mich ordentlich an.
Alles Sachen, die an den anderen 6 Wochentagen nicht zwingend notwendig sind.
Natürlich könnte ich auch am Abend zuvor duschen. So wie sonst. Das bringt einfach nichts, weil ich dann bis 12 Uhr wieder nicht businessmässig daher komme. Meine Kinder sehen immer wie aus dem Ei gepellt aus. An mir klebt immer irgendwo Zmorgenresten, die Schnupfennase wird an mir abgeputzt und ich bin schön geschätzte 20 Mal ins erste Stockwerk hochgetrabt und habe lebenswichtige Sache meinen Söhnen gereicht. Kurz, ein Halbmarathon ist wenig dagegen und ich müffele...

So wechsle ich also kurz vor 13 Uhr frisch geduscht und die Haare schön das Stockwerk und schaue in Unterwäsche bekleidet meinen Söhnen beim Spielen zu. Diese sind zu diesem Zeitpunkt bereits angezogen und gefüttert. Frische Windeln am Arsch und eigentlich bereit, das Haus zu verlassen.

Während ich mich schminke fangen die beiden einen kleinen Streit an. Der kleine Mann ist auf dem Hochbett und das passt dem grossen gar nicht. In weiser Voraussicht habe ich unter das Hochbett unseren Fatboy deponiert. Im Spiegelkasten habe ich die beiden in Blick. Ich sehe mit einem Auge, wie der Grosse sich vor dem Kleinen aufplustert. Er hat Angst, dieser könne runterstürzen. Der Kleine stösst diesen und will an ihm vorbei. Spontan kommt mir Manni Matter in den Sinn und ich stimme in ein Hansjakobli und‘s Babettli ein. Der Grosse singt mit und springt vom Hochbett.(Anmerk. Für alle Übermütter, wir haben kein sehr hohes Hochbett!). Der Fatboy rutscht mit. Mir schwant nichts Gutes. Daher lege ich das Schminkzeug weg.
Der Kleine schnallt noch nicht, dass der Grosse weg ist und stösst immer noch aber nun, leider, ins Leere!!

Ich hechte los. Halbnackt. Versuche panisch das Absperrgitter zu lösen und komme nur ein zwei Sekunden zu spät. Der kleine Mann fällt elegant, grindsvoraaa, in die kleine Lücke zwischen Fatboy und Hochbetttreppe.
Lotto!

Ich nehme ihn Hoch. Suche das Blut. Nix.
Wuff.
Kein Blut ist immer ein gutes Zeichen.
Auf meinem frisch bezogenen Bett untersuche ich ihn.
Keine Schramme. Keine Beule.
Erleichterung macht sich in mir breit.
Nocheinmalgutgegangen...denke ich atemlos!


Dann höre ich ein Würgen und bemerke wie mir mein Sohn in meine frisch gewaschenen Haare kotzt!
Wieder zu spät... denke ich!
Scheisse.

Vor dem inneren Auge sehe ich, wie die Zeit knapp wird. Ich muss noch einmal unter die Dusche. Wir alle brauchen neue Kleider und ich müsste doch jetzt den Kleinen beobachten. Ist er auffällig, fehlt im etwas. Mein Gott wäre es einfach jetzt zu Hause zu bleiben. Zusammen ins Bett zu gehen und etwas Mittagsschlaf zu halten?

Als ich meinem Partner davon berichte und ein bisschen Unterstützung erbettle, fragt er mich nur: Was macht denn der Kleine auf dem Hochbett?!
Entnervt versuche ich ihm klar zu machen, dass ich mich am bereitmachen bin. Für meinen Job. Dass sie ja irgendwo sein müssen. Ich sie nicht non stopp eins zu eins betreuen könnte.
Aber er, er der jedem Morgen in aller Ruhe das Haus verlässt, er hat natürlich keine Ahnung wie das hier alles zu und her geht...


Er versteht es natürlich nicht...aber ihr, ihr versteht mich doch, gelled?!

Herzliche Grüsse,
Eve

Montag, 10. Februar 2014

Apfelbaum


Meine Fresse...
Wo komme ich bloss hin.
An gewissen Tagen bin ich ein emotionales Wrack.
Durch die Geburt von meinen Söhnen werde ich mit Sachen konfrontiert, von denen ich nie im Leben gedacht habe, dass sie mich einmal „bodigen“ und mir fehlen!!!

Als wir letztes Jahr den Weihnachtsbaum aufgestellt haben, sagte ich zu meinem Partner: „Nächstes Jahr brauchen wir ihn nicht mehr auf das Laufgitter zu stellen. Ich glaube, das räume ich im neuen Jahr weg. Das brauchen wir nicht mehr.“

Salopp gesagt.

Da stehe ich also letzte Woche im Wohnzimmer und hole in einem Anfall von Putzwut den Schraubenzieher. Hatte kurz zuvor schon die ganze Küche ausgeräumt und war top motiviert.
Ordnung muss her.
Ich brauche Platz!

Wir reden hier von einem uralten Laufgitter. Visa Gloria. Naja wenn ich ehrlich bin, so uralt auch nicht. Nur meine Mutter war schon da drinnen..und natürlich wir...und jetzt meine Buben...und mein Patenkind...

Mein Vater hat es nach meiner Geburt mit einem warmen kuscheligen Teppichboden ergänzt und kippsicher gemacht. Es hat einen festen Boden und ist einfach ein tolles Teil. Hat halt eine Geschichte.
Um es auseinander zu nehmen musste ich vier Schrauben lösen.

Nach den ersten drei musste ich eine Pause machen. Ich sass also da mit einem Kaffee und beobachtete das Teil.
Mein Hals schnürte sich zu und mir wurde ganz anders...
Als ich dann die vierte Schraube gelöst hatte und unter den handgemachten Metallteilen noch die Hinweise zum Montieren von meinem Vater sah, kollabierte ich. Ich überlegte kurz ob es echt auffallen würde, wenn ich es einfach für die nächsten 18 Jahre so dort stehen liesse. Eigentlich brauche ich ja diesen Platz gar nicht zwingend. Eigentlich stört es ja gar nicht. Eventuell brauchen wir es auch diese Weihnachten noch? Vielleicht kommen ja auch mal kleine Kinder zu Besuch und ich bin dankbar für dieses Laufgitter....

Der Gedanke daran, dieses Laufgitter niemals mehr aufstellen zu können hat mir die Tränen in die Augen getrieben!
Ich sass da, weinte um ein altes Holzteil und wusste zu jedem Zeitpunkt, dass ich völlig meschugge bin.


Vor gut sieben Jahren haben wir unser Haus gekauft.
Lange haben wir nach einem Geeigneten gesucht.
Wir haben zig Objekte angeschaut bis uns klar war, dass wir in das Dorf zurück wollten in dem wir beide aufgewachsen sind.
Für uns stand, als dieser Entschluss feststand, bauen nicht zur Diskussion. Unsere Traumplätze sind entweder privat oder (noch) nicht eingezont. (Ich bin auf der Lauer...)


Als ich unser zukünftiges Haus zum ersten Mal gesehen habe, war ich noch nie zuvor an dieser Strasse.
Das wiederum ist ein „weneli“ speziell. Reden wir doch von einem kleinen Dorf.
Eigentlich dachte ich, ich kenne alles hier!
Das war nicht so..

Das Haus liegt an einer privaten Sackgasse und schaut noch aus wie ein Haus.
Mein Puls hat sich schon nur beim Betrachten der Strasse verändert. Ich sah meine noch ungeborenen Wunschkinder fahrradfahren und spielen.
Es hat ein grosses Grundstück, wovon man wenn man nicht die Trittsicherheit einer Geiss hat nicht wirklich viel benützen kann. Das kommt daher weil unser Haus das letzte war, wo der Aushub von Hand gemacht wurde. Hatte glaube ich schon damals niemand gross Bock einen halben Berg von Hand wegzupickeln.
Direkte Nachbarn hat es hier, aber jeder hat genug Platz und sie sind sehr freundlich .
Ein bisschen heile Welt, hier bei uns hinten..






Als wir also dieses Haus zum ersten Mal sahen, war es Frühling. 25. April 2007. Ein wunderschöner Tag.
Rechts vom Haus steht ein grosser Apfelbaum.
Heute kenne ich die ganze Geschichte von meiner Strasse. Auch von diesem Baum.

Dieser Baum ist älter als unser Haus. Er wird auf sicher hundert Jahre geschätzt. An diesem sagenhaften und für uns so wichtigen Frühlingstag war dieser Baum in voller Blüte. Ein weisser Traum mit einem leichten rosa Akzent.
Da der Baum bestimmt 6 Jahre nicht mehr geschnitten wurde, war er zu diesem Zeitpunkt riesig. Es schien als stehe eine halbe Kugel Blüten auf der Wiese.
Ein Traum.
Ich bin eine Frau. Ich sah die Lage von diesem Haus, dieses Blütenmeer von einem Baum und wollte dieses Haus!
Basta.
Wird schon passen. Drinnen. Dachte ich mir.

Es hat auch gepasst, das Haus. Noch heute passt es.
Das mit dem Baum hat weniger gepasst.
Wie ich anhand vom Laufgitter wohl aufzeigen konnte, liebe ich alte Sachen.
Ich gebe da nicht so rasch auf.
Dass der Baum nicht gesund war, sahen wir schon im ersten Winter.
Wir liessen in extrem stutzen.
Viele Äste waren abgeknickt und kaputt.
Nie mehr hatte er so schöne Blüten wie an diesem Tag.
Aber saumässig viele Blätter hatte er noch immer.
Im Herbst. Am Boden.
Und Äpfel.
Sehr viele Äpfel.
Was sicherlich sinnvoll ist an einem Apfelbaum.
Wenn man dann Äpfel mag.
Ich mag sie nicht! 

Aber, und das muss ich fairheitshalber sagen, der Baum hatte auch sein Gutes. Ich hatte eine Schaukel daran. Dort mit meinen Söhnen zu „hängen“ war traumhaft.

Leider wurde das immer gefährlicher. Wir mussten davon ausgehen, dass er hohl und stark einsturzgefährdet ist.
Darum musste er weg. An einem Samstag im Januar war es dann soweit. Die bestellen Männer starteten mit Vorfreude die Motorsägen.
Als er dann so dastand. Der Baum. Ohne Äste und jedem Baum im Bäregrabe in Bern Konkurrenz machte, fragte ich meinem Partner: „Wa meinsch, mache mer s‘Rechtige?!“ Er schaut mich kurz entgeistert an und meint dann trocken: „Ich beförchte för söttigi Öberlegige esch es z spot...!“
Als ich dann sah, wie kaputt und hohl der Baum war, machte sich in mir eine grosse Erleichterung breit. Ich darf ab sofort die 5 Äpfe,l welche ich pro Woche brauche bei der Bauersfrau im Dorf frisch kaufen. Muss kein Laub mehr auflesen und verdammt auch kein Äpfel aufkratzen von der Strasse wenn „Fremde“ mit dem Auto darüber gefahren sind. YES!





Gebodigt hat mich dann nur das Seil von der Schaukel. Als es so dalag. Auf der Wiese. Erneut schossen mir die Tränen in die Augen und ich sah, wie mein Vater mir half, die Schaukel zu montieren. Für meinen Sohn. Damit es auch hält...

...verdammt hört das denn nie auf?

Liebe Grüsse,
Eveline


Ajo...der Baum lebt weiter. Mein Nachbar schnitzt irgendetwas aus ihm ;o)

Samstag, 1. Februar 2014

Nein, Nein, Nein... JA!


Schon eine halbe Ewigkeit besuche ich mit meinem Sohn die Physiotherapie.
Lange habe ich der ganzen Welt versucht zu erklären, dass ich ihn auch behalte, wenn er niemals im Leben das Laufen erlernt.
Was er aber natürlich tun wird...irgendwann. Das war allen von Anfang an klar.
Das wurde mir immer gesagt.
Er ist ja nicht krank oder behindert.

Er ist einfach ER!

Lange habe ich nicht verstanden, wofür diese Therapie gut sein soll.
Ich habe an die enormen Gesundheitskosten in der Schweiz gedacht und mich ehrlich gesagt grausam über diese verordneten Stunden genervt.
Habe es als unnötige Geldmacherei angeschaut.
Verstand meinen sonst genialen Kinderarzt nicht.
War sauer auf die Therapeutin.
Einfach, weil sie es war die aufzeigte, was nicht gut war.
Auch wenn sie nett zu uns war. Ich war wütend auf sie. Ganz weit in mir drinnen!
Habe mich darüber gestört, dass man Kinder nicht mehr Kinder sein lässt.
Alle vergleichen und normen will.
War traurig, warum uns das passiert.

Er nicht selbst bestimmen darf wann ER etwas erlernen will.
Dass man mir non stopp Angst macht.
Immer dieses Kopfkino..
Ist er wirklich nicht behindert?
Fehlt im wirklich nichts?

Nur weil der kleine Racker auch mit neun Monaten noch nicht krabbeln wollte!

Dann habe ich einer Freundin davon erzählt. Und dieser wunderbare Mensch, diese grandiose Mutter, mein Mami Vorbild, hat mich angehört und mich dann gefragt:
„Jo ond, Eveline, goht er de gern?“

Gute Frage!
Und wie so oft war diese kleine Frage so ein wichtiger Denkanstoss.
Einmal in sich zu gehen. Das Ganze von Aussen anzuschauen. Diesen kritischen Standpunkt zu verlassen. Aufzuhören auf die ganze Welt wütend zu sein. Es zu akzeptieren.
Das Gute darin zu sehen.
Auf das Bauchgefühl zu vertrauen!

Ja, sprudelt es aus mir raus. Er liebt es! Er geniesst diese Stunde nur mit mir und er turnt für sein Leben gern! Fahre ich mit dem Auto am Gebäude vorbei, fuchtelt er mit seinen kleinen Armen und zeigt mir deutlich, dass er gerne dort ist. Es gibt kein Halten, er will dorthin.
Er mag die Therapeutin.
Kurz, er mag alles dort.
UND ICH?
Ich mag die Stunde. Diese Stunde nur mit meinem kleinen Sohn!
Und wenn ich ganz ehrlich bin, auch ich mag die Frau. Seine Therapeutin!

Wie Vieles wurde einfacher. Wie Vieles ist einfacher wenn man es akzeptiert. Nicht wütend ist.
So wunderbare Möglichkeiten entstehen. Wenn man sich auf etwas einlässt und das Positive daran sieht.

Heute habe ich lange mit der Therapeutin geredet. Privat. Ganz tolle Ansichten hat diese Frau. Viele wie ich.
Auch sie ist Mutter.
Sie macht ihren Job, ich meinen.
Ihr Unrecht zu tun, nur weil sie mein Kind therapiert, war nicht fair und ziemlich dumm von mir!





Ich bin meinen Freunden so dankbar.
Dafür dass sie mich anhören.
Nicht immer meiner Meinung sind.
Und trotz Dauerbequatschung von meiner Seite ihren Standpunkt vertreten und mir ab und an die Augen öffnen...

...so wie ich vielleicht euch jetzt.

Danke fürs Zuhören und Umsetzen.

Nicht alles ist schlecht!
Nicht immer ;o)

Herzliche Grüsse,
Eve